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Wie Behinderung das Leben verändert

Wie Behinderung das Leben verändert

In der Alzenauer Stadtbibliothek las Anna Hild aus ihrem Buch »Sichtbar bleiben«


Alzenau. Der Verein »UnBehindert miteinander leben« begrüßte in der Alzenauer Stadtbibliothek die Buchautorin Anna Hild. »Vom Aufbruch in die Welt des Gehens und Hörens« heißt der Untertitel ihres Werks. Vereinsvorsitzende Brigitte Grebner sagte in ihrer Begrüßung, dass der spannende Buchtitel verspreche, ein Ziel des Vereins zu beinhalten. »Sichtbar bleiben - Vom Aufbruch in die Welt des Gehens und Hörens« schildert persönliche Erlebnisse und Gefühle aus acht Jahren der Autorin. Sie ist Mutter von drei Söhnen und Grundschullehrerin. Die Geschichte handelt von ihrem jüngsten Sohn Adrian und seiner Behinderung, die in der Familie zu erkennen, zu akzeptieren und zu meistern war. Anna Hild hat ihre persönlichen Erfahrungen festgehalten, um sich und andere Eltern Mut zu machen.
Für die Autorin begannen ereignisreiche und bedeutsame Jahre, als sie die Diagnose ihres jüngsten Sohnes erhielt. Adrian ist ein Kind mit Mehrfachbehinderung. Fassungslosigkeit, Schmerz, Wut, Trauer und Ohnmacht breiten sich aus. Träume, Wünsche und Hoffnungen, die Eltern für ihr Kind haben, scheinen wie Seifenblasen zerplatzt.
Eindinglich schildert Anna Hild von den Therapien, Rückschlägen und neuen Wegen und der unbändigen Freude über jeden noch so kleinen Fortschritt.
In mühevoller Kleinarbeit lernt Adrian mit 30 Monaten das Gehen, doch die Freude darüber war nur von kurzer Dauer. Bald konnte er wieder nur krabbeln. Hier traf die Autorin auf einen Orthopäden, der sie hoffen ließ, dass Adrian durch eine Beinschiene erneut laufen würde.
Sie unterstrich Details ihrer Erzählung mit Anekdoten und mitgebrachten Requisiten. So zum Beispiel mit der ersten Beinschiene von Adrian, die er anfangs vehement ablehnte. Auch der quietschgelbe Einkaufswagen kam unter dem Tisch der Autorin hervor, mit dessen Hilfe Adrian fortan aufrecht marschierte.
Ein weiterer Schock brach über die Familie herein, als die Ärzte feststellten, dass der fünf jährige Junge auf dem linken Ohr schwerhörig und dem rechten Ohr taub sei. Dies erklärte die sprachlichen Defizite des Jungen.
Doch Anna Hild gab nicht auf , denn immer wieder kreuzten Menschen ihre Wege, die ihnen Mut und Hoffnung schenkten. So konnte Adrian die ersten echten Hörerfahrungen mit einem »Cochlea-Implantat« sammeln. »Hey cool«, kommentierte Adrian die ersten Geräusche. Von da an verläuft die Entwicklung des Kindes positiv. »Unser Adrian kann fliegen, beschreibt die Mutter die Haltung ihres fröhlichen Sohnes. Adrian macht sich mit unbändiger
Lebensfreude auf den Weg, die Welt zu erobern, die sich ihm seither hartnäckig verwehrt hat.
Mit seiner Schiene und dem Implantat gelingt ihm die Befreiung aus der »Gefangenschaft« seiner halbseitigen Lähmung und Taubheit.
Die Zuhörer konnten die Wechselbäder der Gefühle erahnen, die Bandbreite zwischen Verzweiflung und neuem Mut.
Im Anschluss entstand ein lebendiger Dialog, der unterstrich, wie wichtig es für betroffene Familien ist, sichtbar zu bleiben und nicht in der Unsichtbarkeit zu verschwinden. Der Verein »unBehindert miteinander leben«, so Vorsitzende Brigitte Grebner, sehe einen besonderen Auftrag darin, die Anliegen der Menschen mit Behinderung bewusst zu machen und anzupacken - damit ein gutes Miteinander gelingen kann.

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