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Jan Uwe Rogge gibt in Alzenau ein Plädoyer für eine lebendige Erziehun

Erziehungsberater Dr. Jan-Uwe Rogge referiert im Maximilian-Kolbe-Haus

Alzenau. Es war zwar kein Nikolausabend, bei dem sich laut Dr. Jan-Uwe Rogge jeder Zuhörer etwas zum Thema seines Vortrags und gleichnamigen Buchs »Pubertät - Loslassen und Haltgeben« wünschen durfte. Und doch hat der promovierte Erziehungsberater sein Auditorium mit Perlen aus seinem Fundus an Erfahrung dank seiner langjährigen Praxis als Familien- und Kommunikationsberater und Vater beschenkt.

Der Verein »unBehindert miteinander leben« hatte mit Unterstützung der Buchhandlung »Das Buch« am Mittwoch-abend zu einer kurzweiligen und gut besuchten Veranstaltung mit dem Autor zahlreicher pädagogischer Ratgeber ins Maximilian-Kolbe-Haus eingeladen.

Dr. Rogge dozierte nicht, indem er oberlehrerhaft sein theoretisches Wissen mit erhobenem Zeigefinger zum Besten gab, nein, er vermittelte sein mit Erfahrung gepaartes Wissen anschaulich und authentisch. So etwa illustriert er die Pubertät, eine Zeit, in der nichts passt, in der man den Eltern nichts recht machen kann, mit der Geschichte des Hummers, des einzigen Tieres, das die Pubertät erlebt. »Wenn der Hummer größer wird und sein Panzer zu klein, zieht er sich in eine dunkle Höhle zurück, bis Fleisch und Panzer wieder zusammen passen.«

Wenn es in der schwierigen Zeit der Pubertät auch unweigerlich zu Auseinandersetzungen kommen muss, so müsse dies gleichwohl nicht in einen Nervenkrieg ausarten. Rogge gibt den Eltern Ratschläge an die Hand, die helfen sollen, diese Zeit gemeinsam mit ihren Sprösslingen zu überstehen. Auf keinen Fall dürften Eltern meinen, jedes Problem in der Pubertät mit pädagogischen Techniken zu lösen. Kinder bräuchten vielmehr Eltern, die sich auf sie einlassen und unterstützen. Wichtig sei es, für die Sprösslinge da zu sein - erst recht dann, wenn etwas schief gelaufen ist.
Als wenig hilfreich für die Erziehung von Pubertierenden wertet Rogge daher drei Typen von Vaterfiguren: Kumpel-typ, Wischiwaschi-Typ und General. Pubertierende bräuchten Väter bzw. Eltern, an denen sie sich reiben könnten, doch sei ein Auftreten als Autoritätsfigur, die immer nur in leeren Worthülsen auf die Schule verweise, falsch. Eltern müssten vielmehr anerkennen, dass es auch ein Leben jenseits der Schule gebe und ebenso, dass es im schulischen Rahmen mehr als nur die Hauptfächer gebe. So sei der Trend in Elternhaus und Schule, allein kognitive Fähigkeiten zu fördern, den die nach Rogge »schiefe« PISA-Studie verstärkt habe, ein Fehlschluss.

Wenn Eltern von seinen Ausführungen etwas für ihre Erziehung mit nach Hause nehmen möchten, so möge das sein Wunsch sein, dass sie in Zukunft bei einer schlechten Zensur in einem der Hauptfächer dennoch oder vielmehr gerade dann zu ihren Sprösslingen sagen könnten: »Geh Handball spielen.« Gerade der Körper sei ein essentieller Schlüssel zum Leben. Nur wer im Leben stehe, könne auch verstehen, erläutert er im Rekurs auf Pestalozzi.
Die tumultartigen Jahre der Pubertät stellt der Autor wie ein Kabarettist dar, schlüpft in die Rollen von Eltern und Kindern, verspottet beide Parteien, ohne jedoch durch eine bösartige Bloßstellung verletzend zu wirken. Seinen Spott, weich und angenehm wie seine Stimme, setzt Rogge nie um seiner selbst willen ein. Der Spott bereitet viel-mehr den Boden für seine Gedankengänge - der dann auch gleich Wurzeln schlägt, weil dieser Boden vorbereitet ist durch das Lachen.

Das Lachen, das bei Rogges Ausführungen immer wieder durch den Saal ging, befreit, man bekommt Distanz zu sich selbst, sieht sich in seiner lachhaft-verdrehten Perfektionsbemühtheit. Weil man über sich lachen darf, erfährt man Trost über sein Un-Perfekt-Sein als Erziehender. Dies anzuerkennen, hat Rogge in lebendiger Weise vermittelt und damit den Grundstein für eine lebendige Erziehung gelegt.

Anerkennen sollte man auch - wie Brigitte Grebner vom Verein »unBehindert miteinander leben« ausführte - dass auch Behinderungen eine Facette des Lebens sein können und Menschen mit Behinderungen daher keine Aus-grenzungen erfahren sollen.

Iris Seikel

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